| Also die Runde Leitersteig – Kleiner Berg – Wurbauer Kogel hat es mir wirklich sehr angetan. Nun Anfang Mai hat sich das Erscheinungsbild der Vegetation am Steig erneut verändert und will sogleich begutachtet werden. Mit von der Partie ist heute Andi, der bereits akuten Outdoor-Mangel beklagt. Obwohl ich ihn darauf hinweise, dass es heute wohl eher ein botanisch geprägter Spazierer wird, entschließt er sich spontan mitzuwandern. Ich hoffe nur er weis, auf was er sich da einlässt ;)
Bei wolkenlosem Himmel und frühsommerlichen Temperaturen starten wir im Salzatal und wandern zum Gehöft Maier im Hof. Gleich nach dem letzten Haus erwartet uns bereits die erste Überraschung. Eine Narzissenwiese mit vielen Stern-Narzissen (Narcissus radiiflorus) erblüht gerade. Normalerweise ist die Blütezeit in Windischgarsten oder Molln erst in der zweiten Maihälfte, aber heuer ist aufgrund der mageren Niederschläge und herrlichen Frühlingstemperaturen die Blütezeit vieler Arten doch erstaunlich verfrüht. Im feuchten Fichten-Buchenwald begegnen wir auch noch der Einbeere (Paris quadrifolia) blühend. Eine ganz faszinierende Blüte. Wie auch bei meinen letzten Besuch hier, finden sich auch wieder Feuersalamander (Salamandra salamandra), denen die Feuchtigkeit hier im Flysch sichtlich gefällt. Vorbei an der markanten Eibe (Taxus baccata) gelangen wir zu Anhöhe, wo inzwischen die Tafeln für die naturspuren-Station aufgestellt wurden. Auf dieser Lichtung hat der Adlerfarn (Pteridium aquilinum) inzwischen erstaunlich an Biomasse zugelegt. Nun beginnt wieder der eigentliche Leitersteig. Auf den letzten Metern im Flysch zeigt sich noch häufig fruchtende Weiße Pestwurz (Petasites albus). Andi erinnert sich an seine Kindheit: "Ahh, die Blattln konn ma ois Huat nehma!" Hier wächst auch noch das Gewöhnliche Lungenkraut (Pulmonaria officinalis). Ich hoffe nur ich finde heute auch das Kerner-Lungenkraut (Pulmonaria kernerii), das sich durch das Fehlen der Höcker auf der Blattoberfläche, sowie der Behaarung und Blattform unterscheidet. Andi ist recht interessiert und hilft mir bei der Suche. Vier Augen sehen einfach mehr als zwei. Wir steigen höher und erreichen rasch den kalkhaltigen Untergrund. Zwischen Schneeheide (Erica carnea) und Föhren (Pinus sylvestris) blüht der wunderschöne Edelweißstrauch (Amelanchier ovalis), der ja eigentlich Gewöhnliche Felsenbirne heißt. Die Blätter der Breitblättrigen Laserkrauts (Laserpitium latifolium) entdecke ich auch. Diese Pflanze wird wohl jedoch noch 1 Meter wachsen und erst im Spätsommer blühen. An besonders trockenen Stellen taucht häufig die Bittere Kreuzblume (Polygala amara) auf. Also ich noch am Fotografieren bin, winkt mir Andi zu: "Du Hari, i glaub i hob wos!". Ok, jetzt nur nicht nervös werden. Bestimmungsschlüssel auspacken, Lupe umhängen und runter auf den Bauch, wie es sich für einen anständigen Biologen gehört. "Na Pflanzerl, donn wern ma die moi anschaun", denk ich mir. Fehlende Höcker auf den Grundblättern. Ok. Grundblätter 3-6 mal so lang wie breit. Ok. Behaarung. Ok. Na also, mit dem Kerner-Lungenkraut habe ich wieder einmal einen österreichischen Endemiten erwischt. Da freut sich das Botaniker-Herz. Auffällig für diese Art hier ist auch das häufige Fehlen der weißen Flecken auf den Blättern.
Wir wandern weiter und gelangen zur markanten Lawinenrinne. Zwischen den Kalkfelsen blüht Alpen-Maßliebchen (Bellidiastrum michelii), Berg-Flockenblume (Centaurea montana) und viele, viele Wald-Erdbeeren (Fragaria vesca). Eine Alpen-Waldrebe (Clematis alpina) ist kurz vor dem Aufblühen. Wenige Meter vor dem Speikkogel tritt nun der Hauptdolomit zu Tage. Hier findet sich ein alpiner Garten, wie er schöner nicht sein könnte. Massen an Clusius-Enzian (Gentiana clusii) schmücken den Bereich. An besonders schattigen Stellen hat sich auch das Alpen-Fettkraut (Pinguicula alpina) breit gemacht. Dazu die wunderschöne Fernsicht in die Priel- und Warscheneckgruppe, die wiederum von blühenden Sträuchern der Felsenbirnen umrahmt wird. Kitschiger geht's wohl kaum.
Ab hier folgen wir nicht dem markierten Weg, sondern wandern direkt bergauf. Der alte Jagasteig, entpuppt sich zwar als Gamspfad, aber direkt auf der Felsrippe gibt es sowieso keine Orientierungsschwierigkeiten. Die Felsenbirne wächst immer dichter. Auch der Clusius-Enzian wird häufiger. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf diese hübschen Pflanzen treten. Nach steilen Rasenflanken gelangen wir zu bizarr geformten Dolomittürmen und –wänden. Auf den exponierten Kuppen blühen dichte Matten von Silberwurz (Dryas octopetala) und Zwerg-Alpenrose (Rhodothamnus chamaecistus). Wir überwinden ein 3 Meter hohes Wandl (II) und befinden uns dann im Reich des Petergstamms (Primula auricula), der mit seinen gelben Blüten die Felsnischen ziert. Auch die Große Alpen-Kuhschelle (Pulsatilla alpina) blüht hier. Ich liebe es einfach abseits der Wege unterwegs zu sein. Da gibt es immer viel mehr zu entdecken. Bei einer markanten Dolomitwand mit einigen Fenstern legen Andi und ich eine kurze Fotosession ein. Nun wird die Felsrippe breiter und verliert sich im weiten Gelände. Hier auf den Almflächen oberhalb des Bloßbodens halten sich immer noch einige Schneereste. Daher entdecken wir auch noch Alpen-Soldanellen (Soldanella alpina) und Frühlings-Krokus (Crocus vernus). Etwas bergab stoßen wir auf den Weg der zur Mayralm hinauf führt. Am Bloßboden gelangen wir dann wieder auf den markierten Weg, der uns hinauf zum Kleiner Berg führt. Dort legen wir eine längere Jausenpause ein. Die Fernsicht ist optimal, insbesondere wenn sich im Tal saftige grüne Wiesen zeigen und die Gipfel noch leicht angezuckert sind. Apropos Zucker: Die Schneereste am Pyhrgas und Warscheneck sind nur noch winzige Überbleibsel des Winters. Die Pyhrgasüberschreitung ruft schon wieder! Die Nordseite des Toten Manns ist auch fast schon aper, was auf einen trockenen Warscheneck SO-Grat schließen lässt. Und die Runde Laglalm-Langstein-Kreuzmauer schaut auch super aus! Als besondere Attraktion können wir am Gipfel viele Segelfalter (Iphiclides podalirius) beim Hill-topping beobachten.
Gut erholt brechen wir wieder auf um die letzten Höhenmeter hinab zum Wurbauer zu vernichten. 30 Minuten später treffen wir dort auch schon ein und haben uns selbstverständlich eine kräftigende Mahlzeit verdient ;) Diese fällt heute in Form von Putenschnitzel und Berner Würstl aus. Also ganz was leicht Verdauliches . Der Retourweg führt uns obligat über die alte Skipiste. Das Schild "Bogenparcours! Weg nicht verlassen" ignoriere ich. Wie üblich. Erst als 30 Meter unterhalb Andi plötzlich einen 20 cm langen Carbonpfeil aus dem Boden zieht, wird mir der Sinn dieser Warnung so richtig klar. Aber wenn dieser Pfeil schon so weit fliegt, würde er auch locker bis zum markierten Weg unter uns reichen. Dieser ist nämlich nur 10 Meter entfernt. Da hat wohl wer die Ballistik perfekt ausgenutzt. Unverletzt erreichen wir nach wenigen Minuten wieder unseren Ausgangspunkt.
Fazit: Der Leitersteig gefällt mir immer besser. Im Mai zeigt er sich von seiner schönsten Seite. Auch Andi hat es gut gefallen. Jaja, die Assimilierung zum Mostschädl schreitet voran ;) Wie heißt's so schön: Resistance is futile…
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