| Triftsteig Versuch Nummer Zwei. Da Bergfexing Harry ja lernfähig ist, hat er schlauerweise auch Vaters Mountainbike im Kombi mittransportiert. Eine sehr gute Entscheidung wie sich herausstellen wird. Der Weg zum Parkplatz Weißwasser ist aufgrund von Forstarbeiten immer noch gesperrt und nur an Wochenenden befahrbar. So parke ich auf der Mooshöhe und flitze bei Traumwetter mit dem Bike in etwa 30 Minuten zum Annerlsteg. Die Tunnel der ehemaligen Waldbahn sind heutzutage dank Solarstrom beleuchtet. Mit Hilfe der Waldbahn wurden zwischen 1920 und 1971 Bauxit und Holz nach Reichraming transportiert. Recht erstaunt war ich über die Tatsache, das sich Aluminiumerze in den nördlichen Kalkalpen befinden. Nach kurzem Studium der geologischen Lektüre zeigt sich hier ein vielfältiges Bild. Auch Kohle (etwa /Gagat) und Eisenerz wurden am Prefingkogel in der Nähe der Blabergalm gefördert. Und wie ich grade lese bezieht sich der Name "Blaberg" wohl auf ein mittelalterliches "Blähhaus" zum Schmelzen des Eisenerzes. Ich glaube diesen alten Industrieruinen und Bauxittaschen, die einst in einem feuchtheißen topischen Klima entstanden, inmitten des Nationalparks muss ich auch mal einen Besuch abstatten.
Pünktlich um 1000 starte ich am Nordende des Triftsteigs, der aufgrund der gestrigen Regenfälle ganz schön feucht und rutschig ist. Die Spazierdauer wir am Wegweiser mit 1h30min und der Klettersteig in der Literatur mit A/B angegeben, wobei zwei Platten B Stellen aufweisen. Generell ist der Steig gut mit Sicherungen versehen und auch recht luftig. Beeindruckender finde ich jedoch die grandiose und noch recht natürliche Landschaft. Bis jetzt war ich ja nie ein großer Fan des Hintergebirges mit seinen unendlichen Forstraßen und niedrigen Gipfeln aus Hauptdolomit. Dies hat sich aber nun schlagartig geändert. Entlang des Steigs ist es auch aus botanischer Sicht recht interessant. Je nachdem ob der Steig entlang von buchenreichen Mischwäldern oder auf nacktem Fels verläuft dominieren unterschiedliche Arten. Zu Beginn etwa entdecke ich /Dreiblatt-Baldrian (Valeriana tripteris) und die Süß-Wolfsmilch (Euphorbia dulcis) deren Nektardrüsen sich nach der Blüte bereits dunkelrot verfärbt haben. Rasch aber dominieren in der Schlucht, die sich gerade mal auf etwa mehr als 500 Meter Seehöhe befindet, sehr viele dealpine Arten, wobei ich versuche mich auf die blühenden zu beschränken. Das Vorkommen des fleischfressenden /Alpen-Fettkrauts (Pinguincula alpina) ist eher eine Massenansammlung die mir in diesem Ausmaß noch nicht untergekommen ist. Bald gesellen sich auch viele Alpenmaßliebchen (Bellidiastrum michelii) hinzu. In den Felswänden die immer im Schatten sind wachsen dann viele kälteunempfindliche Arten wie /Polster-Segge (Carex firma), /Alpen-Hahnenfuß (Ranunculus alpestris) und /Clusius-Primel (Primula clusiana), die hier auch in Massen vorkommt, aber bereits weitgehend verblüht ist. Nur einzelne Exemplare zeigen noch ihre wunderschönen rote Blüten. Tja und es wird immer besser. Der Weg verläuft teilweise wieder an der Wasserlinie und rutschige Platten müssen überwunden werden um an Höhe zu gewinnen, wobei die Sicherungen besten Halt bieten. Kaum wird das Wegerl trockener und sonniger säumt der /Clusius-Enzian (Gentiana clusii) mit seinen dunkelblauen Blüten den Steig. Dazu gesellt sich auch die /Zwerg-Alpenrose (Rhodothamnus chamaecistus) und die allgegenwärtige /Buchsblättrige Kreuzblume (Polygala chamaebuxus) Nachdem ich mich ins Steigbuch der ÖAV Sektion Großgraming/Ennstal eingetragen habe, stechen mir leuchtende gelbe Flechtenüberzüge der Felsen auf. Vermutlich handelt es sich hierbei um Caloplaca chrysodeta, die auch in den Konglomaratwänden der Steyr wächst. Aber bei Flechtenbestimmungen ohne Chemikalien oder Mikroskop ist eine genaue Zuordnung recht schwierig. Kurz verläuft der Steig sogar unter einem kleinen Wasserfall. Was für ein fantastisches Steigerl. Richtig wildromantisch ;)
Quasi als Draufgabe blüht dann auch noch die Österreich-Soldanelle (Soldanella austriaca). Von diesem Subedemit (kommt auch in den Chiemgauer Alpen vor) habe ich immer noch kein anständiges Foto in meinen Archiv. Die Ixus hat leider eine Lilaschwäche bezüglich des Autofokus. Warum nur hab ich mein Makroobjektiv zuhause gelassen. *grrrr* Trotz viel Knipserei, Gafferei und diversen Pflanzenbestimmungen gelange ich nach 1h15min zum Südende des Steigs. Als botanische Kostbarkeit wächst hier der Kies-Steinbrech (Saxifraga mutata) der mit seinen großen, fleischigen Rosetten auffällt. Diese Pflanze wächst in Oberösterreich nur an wenigen Stellen des Enns- und Steyrtals und blüht Ende Juli.
Der weitere Weg führt mich zum Einstieg des Hochschlacht-Steigs, da ich noch einen Abstecher auf die Anlaufalm und Hochkogel unternehmen möchte um dann über Keixen Graben retour zum Bike zu gelangen. Komisch wieso steht am Wegweiser eine Zeitangabe von 2h15min zur Alm. Lt. Karte sind es ja kaum 400 Höhenmeter, die sich in meiner Planung mit gut 1h Gehzeit niedergeschlagen hat. So kommt mein Terminplan aber gehörig unter Druck. Mit zusätzlichen zwei Stunden schaffe ich es einfach nicht wieder um 1745 in Wels zu sein um Sarah vom Bahnhof abzuholen. Wenn ich da zu spät komme gibt's Schläg. Bike putzen soll ich auch noch, sonst gibt's Schläg von Paps. Da ich keine heute keine Schläg will, kehre ich mürrisch retour zum Annerlsteg, den ich durch die Tunnels in 15 Minuten erreiche. Bei diesem Traumwetter umdrehen... Verflixt nu amoi!
Die Bikerei retour zur Mooshöhe schlägt sich mit 1h zu Buche. Dort tröste ich mich dann mit einer guten (obwohl gekocht!) Käsekrainer + Zipfer. Fazit: Superschöne Natur kann ich nur sagen. Krasser Unterschied zwischen forstwirtschaftlichen Betrieb rund um die Mooshöhe mit Kahlschlägen und weitgehend unberührten Mischwäldern im Nationalpark. Daher: Nochmal vorbeischauen! Ich denke die Runde wäre auch perfekt für heiße Tage, da der kühle Bach regelrecht zum "Fiaßeinhoidn" verleitet. Bergfexing Harry findet: Nationalpark ist geil. Es ist ja gar nicht so lange her, da wäre dieses wunderbare Gebiet mit seinen völlig intakten Bächen ja in den Fluten eines großen Stausees ersäuft worden.
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