| Mit der gestrigen Rundfahrt konnten wir uns einen guten Überblick von La Palma verschaffen. Auch das typische Inselwetter hat nun seine Geheimnisse offenbart. Während der Nordostpassat die Ostküste in dichte Wolken hüllt und somit für wenig einladendes Badewetter sorgt, ist der Rest der Insel westlich der Cumbre Nueva wolkenfrei und sonnig. Somit wird es Zeit die Insel einmal von oben zu betrachten. Der Pico Bejenado gilt als einziger "richtiger" Gipfel von La Palma.
Nach den Mega-Erdrutschen des Vulkan Taburiente und Vulkan Cumbre Nueva und die einhergehende Bildung der Caldera de Taburiente, ließ aufgrund des Masseverlusts ja der Druck auf die darunter liegenden Schichten nach. Quasi als Ausgleich konnte sich hier der Pico Bejenado bilden und steht heute mitten in der Caldera, wodurch dieser Berg ein optimales Aussichtsplatzerl ist.
Unser heutiger Aufstiegsweg führt und heute tief in den Nationalpark zum Park- und Aussichtsplatz La Cumbrecita. Leider müssen wir eine kleine Zwangspause einlegen da die enge, aber bestens gewartete Straße aufgrund von Forstarbeiten gesperrt ist. Es würde zwar auch ein weiterer Aufstiegsweg existieren, der aber einfacher und weniger aussichtsreich sein soll. So nutzen wir die kleine Pause um uns ein wenig die Füße zu vertreten und auch das ein oder andere Pflanzerle zu bestimmen. Unglaublich eigentlich wie anders die Vegetation sich hier zeigt. Von den hiesigen Pflanzen ist mir bis jetzt nur der /Asphaltklee (Bituminaria bituminosa) begegnet, der im Mittelmeerraum weit verbreitet ist und intensiv nach Bitumen riecht.
Endlich um 1100 am kleinen Parkplatz angekommen folgen wir dem sehr gut ausgeschilderten und markierten Weg. Ein Hinweis, dass dieser Weg nicht für übergewichtige Personen geeignet ist, bringt mich sehr zum Schmunzeln. Einige Serpentinen höher befindet sich dann eine Stahlkette, obwohl der Weg einen Meter breit und wenig abschüssig ist. Naja mann muss es den Halbschuhtouristen ja auch recht machen ;) Wunderschön führt der Weg durch einen Wald von /Kanarischen Kiefern (Pinus canariensis). Diese Baumart ist ein sogenanntes Tertiärrelikt, die in Europa keine näher verwandte Art besitzt. Die bis zu 30 Zentimeter langen Nadeln sorgen dafür, dass der Boden stark versauert, wodurch die Kieferwälder recht artenarm sind. Hier in diesem naturbelassenen Abschnitt wachsen im Unterholz viele Beinwellblättrige Zistrosen (Cistus symphytifolius) mit schönen roten Blüten. Generell kann ich mich kaum entscheiden ob ich nun Pflanzen bestimmen oder wandern soll. Kein Wunder nach jeder Kehre kommt eine Attraktion hinzu. Dickblattgewächse der Gattung Greenovia und Aichryson säumen den Weg. Fantastische Pflanzen. Kurz vor dem Wegpunkt El Rodeo (Kein Scherz) passieren wir eine Felswand die durch einen Zaun vom Weg getrennt ist. Kein Wunder. In der Felswand gedeihen massig kanarische Endemiten wie Aeonium canariense und Greenovia diplocycla. Ein Hinweisschild auf Spanisch, Englisch und Deutsch weißt darauf hin, dass hier der Einfluss von eingeführten Pflanzenfressern erforscht wird. Auf jeden Fall ist dieser Bereich ein Erlebnis für sich. Wie leuchtend grüne Salathäupl zieren die Aeoniums die dunkle vulkanische Felswand.
Kurz vor El Rodeo treffen wir auf den Normalweg und erhaschen schöne Weitblicke zum Wolkenmeer das langsam über die Cumbre Nueva fließt und sich dabei auflöst. Dieses beeindruckende Phänomen wird von den Palmeros La Cascada genannt. Nun um die Mittagszeit brennt die südliche Sonne erbarmungslos auf Sarah und mich herunter. Unsere Expeditionshüte erweisen sich als wahre Lebensretter, trotzdem kann nur im Schatten der Kiefern gut gerastet werden. Eigentlich bin ich schon so manche korsische Macchia-Hitzeschlacht gewohnt, aber diese "harte" Sonneneinstrahlung ist auch für mich neu. Mit einem vollen Camelbak im Rucksack aber kein Problem ;)
Nach 2h Aufstieg erreichen wir das Gipfelkreuz am Pico Bejenado. Und was für eine Aussicht. In der Ferne der Teide auf Teneriffa und mit 3700 m höchster Berg Spaniens. Davor das Wolkenmeer das in Zeitlupe über die Cumbre schwappt. Dieser Anblick der Cascada zieht uns regelrecht in einen hypnotischen Bann. Man will gar nicht mehr wegschauen. Auf der anderen Seite phänomenale Tiefblicke in die Caldera und den umgebenden Steilwänden mit ihren Gipfeln. Nach Westen die Ebene zwischen Tazacorte und Porto Naos mit ihren unendlichen Bananenplantagen. Ok die in Plastikfolien gehüllten Plantagen sind nicht recht prickelnd. Also wieder zur Cascade umdrehen. Ahhhh. Außerdem ist der Ausblick auch recht lehrreich. So ist das Refugio del Pilar, Ausgangspunkt für die Ruta de los Volcanes, immer in den Wolken. Die Cumbre Vieja ragt jedoch in den blauen Himmel. Tja dann haben wir ja schon eine Tour für morgen.
Der Abstieg erfolgt nach ausgiebiger Gipfelrast und einigen Experimenten zum Thema Eidechsen und Knusperkekse, am Aufstiegsweg und dauert 1h30min. Auch begegnen uns zwei einzelne /Grajas (Pyrrhocorax pyrrhocorax barbarus) eine Unterart der Alpenkrähe die nur hier existiert. Natürlich muss ich noch etliche Pflanzen knippsen, nehme mir aber keine Zeit mehr die Art genau zu bestimmen. Zu sehr lockt schon der schöne Strand von Porto Naos, wo uns ein kühles Meer als auch ein kühles Bier erwartet.
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