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9. Juni 2008

Durch die Caldera de Taburiente

(gepostet im Bereich Berg)

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Die Tour von Los Brecitos zur Playa de Taburiente und retour über das Bachbett des Barranco de las Angustias wird im Wanderführer eigentlich mit Jeeptransfer beschrieben und soll die zweite Paradetour der Insel sein. Sarah und ich beschließen jedoch den Jeeptransfer auszulassen und die 800 Höhenmeter nach Los Brecitos per pedes zu bestreiten. Die Tour würde sonst nur aus Abstieg bestehen. So hält uns vor dem Parkplatz ein deutsches Mädl auf, das den Taxitransfer (~7 Euro) anpreist. "Wiss ma scho. Wir gehens trotzdem zu Fuß", antworte ich. Mit fassungslosem Gesicht entgegnet sie: "Sie wissen auf was Sie sich da einlassen?". Ja wissen wir, Dumpfbacke!

Um 1020 starten wir bei leichter Bewölkung und folgen dem Weg PR LP 13 in Richtung Hacienda del Cura. Und schwupps schon wieder eine andere Pflanzengesellschaft. Hier wächst sehr viel Rumex lunaria, ein strauchförmiger Ampfer mit sukkulenten Blättern den ich schon von der Küste kenne. Weiter Sukkulenten und etliche Wolfsmilchgewächse gesellen sich hinzu, wobei ich Verode (Kleinia neriifloia) ganz faszinierend finde. Ein völlig ungewohnter Habitus. Rotblühenden Feigenkakteen (Opuntia) wuchern teilweise stark in den Weg hinein. Diese blöden kleinen Stacheln haben auch noch Widerhaken. So müssen Sarah und ich uns gegenseitig die Stacheln rauszwicken. Faszinierend auch ein schöner Bestand von Chamaecytisus proliferus, dessen Blütezeit zwar schon vorüber ist, jedoch mit schwarzen Hülsenfrüchten glänzt. In Mitteleuropa bezeichnet man Arten der Gattung /Chamaecytisus auch als Zwergginster, was auf diesen bis zu 3 Meter hohen Strauch wohl kaum zutrifft. Leider führt der Weg später durch Privatgrund (Auch die Früchte!) und wir müssen eine große Kehre auf der Asphaltstraße auslatschen. Blöderweise kommt gerade jetzt die Sonne hervor und keine schattenspendenden Kiefern weit und breit. Am Straßenrand wächst oft der /Gemeine Stechapfel (Datura stramonium) mit seinen wirklich stachligen Früchten. Nach dem kleinen Ort La Caldera, wo etwas Landwirtschaft betrieben wird, verlassen wir endlich die Straße und spazieren durch einige Weingärten. Am Wegerand entdecke ich dann Webbs Natternopf (Echium webbii), ein wunderschöner blaublühender Natternopf der bis zu 1,5 Meter hoch wird und nur auf La Palma vorkommt. Mit etwas mehr Zeit würde ich sicherlich noch viele Endemiten entdecken, aber das Tagesprogramm mit mindestens 7h reine Gehzeit ist recht ordentlich und erlaubt wenig Botanikgafferei. Um 1330 erreichen endlich den Aussichtspunkt Los Brecitos und legen eine größere Rast mit Jause ein. Die Aussicht auf die Calderawände und Pico Bejenado ist sehr schön, aber irgendwie fehlt was. Vermutlich ist runterschauen besser als raufschauen. Der Aufstieg wäre geschafft. Ab jetzt geht's nur mehr abwärts. Und zwar fünf Stunden lang.

Auf gemütlichen Trampelpfad im schattigen Kiefernwald erreichen wir recht flott in einer Stunde den Taburientebach, den einzigen Fluß der Kanaren. Wir folgen dem Bachbett etwa fünf Minuten und entdecken eine tolle Badegumpe die zusätzlich noch etwas aufgestaut wurde. Einen kleinen Minisandstrand gibt's auch. Somit ist der Name Playa de Taburiente wohl verdient. Nach einem erfrischenden Bad im eiskalten Wasser sind wir wieder taufrisch und beginnen nach kurzer Gegensteigung mit dem langen Marsch zurück zum Ausgangspunkt.

Etwas unspektakulär verläuft anfangs der Abstieg auf breitem und frisch saniertem Weg. Einziges Highlight der phallusähnliche Roque Idafe, an dessen Fuß die Altkanarier schräge Rituale abhielten. Vermutlich so eine Art altertümliches Viagra ;) (oder doch nur ein Himmelstützpfeiler..)


"Y iguida y iguana idafe" (Er sagt, dass Idafe fallen wird), singt einer der beiden Männer und hebt die Eingeweide einer Ziege hoch. "Que guerte yguan taro". (Gib im das, was du bringst, und er wird nicht fallen) antwortet der andere.



Kurz später teilt sich der Weg in Normalweg und "Nur Experte (Atajo)". Die Stelle ist ein bisschen ausgesetzt, aber recht schön und endet keine 3 Minuten später wieder in den Normalweg. Hmm irgendwie fühl ich mich jetzt verarscht. Bei der Einmündung des Barranco Rivanceras unternehme ich noch einen Abstecher zur Cascade de Colores, während Sarah auf einem feinen Liegefelsen ein kleines Nickerchen einlegt. Im stark eisenhaltigen Wasser bilden sich /Limonit-​Ausfällungen die rotorange leuchten. Vermutlich leuchten die Felsen bei niedrigerem Wasserstand noch wesentlich mehr. Den Wasserfall (eigentlich eine künstliche Staumauer) erreicht man nur, indem man die Schuhe auszieht oder eine Felsen ein bisschen kapriziös umklettert. Auf beides habe ich keine Lust und begnüge mich mit den orangen Felsen. Relativ langweilig verläuft der weitere Weg zu Dos Aguas, wo wir den Rio Taburiente überqueren, der heute wirklich viel Wasser mitführt. Mit einigen Sprüngen klappts aber auch ohne nass zu werden recht passabel. Bei Dos Aguas befindet sich ein Wasserwerk, das nur sehr wenig Wasser durch die Barranco de las Angustias (Schlucht der Todesängste) hindurchplätschern lässt. Die grüne Algenpampe im Flussbett finden wir nicht besonders prickelnd. Ständig quert der Weg mit einigen Gegenanstiegen das Flussbett. Schön langsam wird's fad. Der erfahrene Wanderer mit gutem Gleichgewichtssinn sollte gleich im Bachbett weiter wandern. Das scheint mir spannender zu sein. Der Weg zum Parkplatz "zaaht" sich ganz schön und wir erreichen erst um 1840 nach über 8h wieder den Ausgangspunkt.

Diesmal hat der Wanderführer unseres Erachtens nicht Recht behalten. Irgendwas fehlt dieser Tour. Ich kann nur nicht sagen was. Sarah meint eine Art Höhepunkt wie einen Gipfel oder Hütte. Vielleicht sind wir auch von der Vulkantour und dem Lorbeerwald schon ein bisschen zu verwöhnt. Vielleicht ist diese Schlucht aber auch einfach einer heimischen Landschaft zu ähnlich.

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