| Lampis Bericht zur /Dreistecken-Bösensteinrunde hat mich auf die Idee gebracht, nach fünfjähriger Abstinenz wieder die Wölzer Tauern zu besuchen. An diesem Donnerstag ist der letzte Tag der extrem heißen Schönwetterperiode, während der in Österreich erstmals über 40° C gemessen wurden. So sind Bergfexing Dad und ich angenehm überrascht als hochliegende Bewölkung die Strahlung unseres Zentralgestirns abschirmt. Achja, die Zufahrt zur Edelrautehütte schlägt mit 6 € zu Buche und das Mauthütterl ist durch einen Automaten ersetzt worden.
Um 0715 starten wir hinüber ins Ochsenkar. Der Weg führt entlang des Baches, den wir später auf einem Steg zwischen Latschen (Pinus mugo) und Grün-Erlen (Alnus viridus) queren. Links am Weg finden sich einige Exemplare des Ostalpen-Enzians (Gentiana pannonica), den ich eigentlich nur aus Regionen mit Kalkgestein kenne. Diese Art gedeiht aber auch auf kalkarmen Böden. Wir verlieren etwas an Höhe und gelangen ins schöne Ochsenkar, wo wir nur kurz dem markierten Weg folgen und nach dem letzten Wäldchen weglos über die Flanke hinauf zur Großen Rübe wandern. Die 300 Hm in der Direttissima verlaufen über eine wunderschön ausgeprägte Zwergstrauchheide mit Rostblättriger Alpenrose (Rhododendron ferrugineum), Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) und Besenheide (Calluna vulgaris). Doch die größte Attraktion hier sind nicht die Zwergsträucher sondern der Massenbestand an Arnika (Arnica montana). Während die Exemplare am Flankenfuß bereits fruchten, blühen die höheren Lagen noch viele Pflanzen und zeigen ihre schönen gelben Blüten. An den Alpenrosen finden sich häufig rote kugelige Auswüchse. Es sind dies Wucherungen, die durch den parasitischen Pilz Alpenrosen-Nacktbasidie (Exobasidium rhododendri) hervorgerufen werden. Am Rücken zur Großen Rübe erreichen uns dann die ersten Böen des Föhnsturms. Hmm, etwas windig, also setz ich lieber mein Hauberl auf, obwohl ich noch kurzärmlig unterwegs bin. Am windgefegten Grat wächst dann Gämsheide (Loiseleuria procumbens) und Zwerg-Seifenkraut (Saponaria pumila). Der Weg am sanften Gratrücken ist herrlich aussichtsreich, auch wenn sich die Gesäuseberge nur schemenhaft abzeichnen. Die nahende Front sorgt schon für sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Von der Seekarspitze beäugen uns noch etliche Gamsgeißen mit ihren Kitzen. Als wir näher kommen steigt das Rudel rasch zur Gamsgrube ab. Der Grat wird ab der Seekarspitze felsiger und etwas schmäler, ist aber noch nicht besonders ausgesetzt, da sich die Höhenunterschiede zu den umgebenden Karen nicht sonderlich groß sind. Bei herrlichem Blick zum inzwischen eisfreien Gefrorenen See wird nun auch der Grat anspruchsvoller und eine leichte Kraxlerei beginnt. Am Grat finden sich Pflanzen die typisch für saure Böden sind. Aktuell blühen hier noch Krainer-Greiskraut (Senecio incanus ssp. carniolicus), Moschus-Schafgarbe (Achillea moschata) und Echter Speik (Valeriana celtica) und Moos-Steinbrech (Saxifraga bryoides). Die erste Steilstufe am Grat ist etwas unangenehm. Die Steine sind recht lose und die Rasenmatten trügerisch. Doch der weitere Gratverlauf entpuppt sich als recht kurzweilig. Leider nimmt der Föhnsturm nun an Stärke zu. Als die Felsen weichen und der Grat zu einem Grasrücken wird, müssen wir die direkte Kante verlassen. So mancher Windbö lässt mich schon kurz das Gleichgewicht verlieren. Der große Rucksack bietet dem Sturm ein zu gute Angriffsfläche.
Am Hauptkamm angekommen sind es nur noch wenige Meter bis zum Gipfel des Dreistecken, den wir nach 2h15min erreichen. Glücklicherweise befindet sich auf der Nordseite des Gipfel ein geschütztes Platzerl, wo wir bei Windstille unsere mitgebrachte Jause+Bier verputzen. Wenige Meter daneben tobt der Föhnsturm. Der Ausblick zur Hochhaide und zum Stein am Mandl ist sehr gut. Das war es aber auch schon. Der Grimming ist fast überhaupt nicht auszumachen. Auch Sparafeld und Admondter Reichenstein sind nicht klar zu sehen. Am Gipfel selbst finden sich viele Flechten wie die Safranflechte (Solorina crocea) oder die Kaputzenflechte (Flavocetraria cucullata). Am Weg retour zur Scharte hat sich die Wettersituation nicht gebessert, der Sturm weht immer noch im geschätzten 60 kmh. So beschließen wir direkt zum See abzusteigen, da sich am Dreisteckengrat die ganze Wucht des Föhns entfalten kann. Aus bergsteigertechnischer Sicht ist diese Entscheidung natürlich enttäuschend, aber auf der sicheren Seite. Kaum einige Meter unterhalb der Scharte bessert sich auch schon wieder meine Stimmung, denn hier gedeihen einige botanische Schmankerl, die durch die lange Schneebedeckung begünstigt werden. Die großwüchsige Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinosissimum) gibt's auch bei uns im Kalkgebirge. Wucherblume (Leucanthemopsis alpina) und Norwegisches Ruhrkraut (Gnaphalium norvegicum) mögen jedoch eine saure Böden. Beim See gibt es dann noch sehr schöne Bestände des Punktierten Enzians (Gentiana punctata). Dazwischen blüht immer wieder die Halbkugelige Teufelskralle (Phyteuma hemisphaericum). In der Geländestufe hinab zum Ochsenkar wachsen auch noch schöne Exemplare der Gewöhnlichen Goldrute (Solidago virgaurea). Der letzte Abstieg am Retourweg erfolgt über den Anstiegsweg und wir erreichen, begleitet von vielen Waldteufeln (Erebia aethiops) kurz vor 1300 wieder die Edelrautehütte.
Fazit: Ahh, am Gneis ist es doch immer wieder schön und lehrreich. Aber merke: Wenn der Wetterbericht Föhnsturm meldet, wird's am Grat ungemütlich.
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