| Heute wird es Zeit für eine echte Bergtour, denn noch immer ist kein Gipfel bestiegen und Bergfexing Harry wird schon etwas unrund. Also meint Sarah beim Frühstück: "Geh amoi a gscheide Tour, sonst bist eh den ganzen Tag ned zum Aushoidn!" Boah, hab ich eine tolle Frau . Darum flitze ich in 5 Minuten nach Luptisch und starte meine Tour auf den Sandling beim Gasthof Sarsteinblick. Der Sandling ist nicht nur ein ausgezeichneter Aussichtsberg, er ist wohl auch der wichtigste Berg der Region, befindet sich in seinem Inneren immerhin das größte Salzbergwerk Österreichs. Und dieser Salzbergbau reicht vermutlich bis in die Römerzeit zurück, wovon etliche Fundstücke wie Fibeln und Sandalen zeugen. Somit gesellt sich zur Geologie auch eine Portion Geschichte, wobei als Lektüre das Buch "Wege in die Vergangenheit rund um den Dachstein" von Mandl & Mandl sehr zu empfehlen ist.
Da ich alleine unterwegs bin, starte ich mit hoher Schlagrate um 1000. Es ist schon wieder sehr warm, aber im schattigen Wald komme ich flott vorwärts und erreiche nach 30 Minuten schon die erste Attraktion: Die oder der Unsinnig Kirra, je nach Literatur. Hierzu zweige ich vom markierten Weg etwa auf 1100m rechts ab, wo erstmals steile Felswände durch den Wald sichtbar sind und Steigspuren zum Klettergebiet führen. Bei der Unsinnig Kirra scheiden sich die Geister ob's nun eine unsinnige Kirche (Mandl sowie Lobitzer) oder ein unsinniger Schrei (Rabeder) ist. Gesichert ist jedoch, dass sich dieser 60 Meter hohe Monolith aus der Westflanke des Kritkogels im Frühjahr 1546 während eines katastrophalen Felssturzes ablöste. Dieses Ereignis führte zum Ende des Salzbergbaus beim Michlhallbach (heute Sandlingbach). Eine Sage berichtet von 38 lebendig begrabenen Bergleuten die noch lange Zeit unsinnig schrien. Mir gefällt die Rabeder Variante somit eindeutig besser ;). Auf jeden Fall ist dieser Monolith mit den extrem glatten Wänden schon sehenswert. Auch die Geologen der Bundesanstalt (GBA) haben hier ihre Markierungen hinterlassen. Vermutlich um zu verfolgen wie sich Situation vor Ort ändert, denn der Monolith gleitet auf seiner weichen, mergeligen Unterlage langsam talwärts. Bei meiner Inspektionsrunde stoße ich auf einige verbohrte Kletterrouten und schöne Exemplare des Hirschzungenfarns (Asplenium scolopendrium). Das Mundloch eines historischen (womöglich sogar aus der Römerzeit) Stollens konnte ich jedoch nicht finden. Ich hab aber auch schlampig gesucht, denn ich flitze rapide weiter zur Vordersandlingalm, die ich um 1100 erreiche. Während des Aufstiegs sieht man immer wieder die Abrisskante der gewaltigen Michelhallbachmure von 1920. Diese war immerhin 4 km Lang und 200 Meter breit. Von der Sandlingalm eröffnet sich dann der grandiose Anblick auf den dazugehörigen Felssturze vom 12/13. September 1920. Hierbei lösten sich 6-7 Millionen m³ Gestein aus der Westflanke des Sandlings. Das Salzvorkommen sorgt einerseits für wirtschaftlichen Wohlstand, anderseits macht es den Berg extrem instabil, denn auf dem weichen Haselgebirge liegt ein Kalkstock aus spröden Oberalmer Schichten. 1920 führten lang anhaltende Regenfällen zu einem Aufquellen von gewissen Tonmineralen, Steinsalz und Anhydrit, die zu einer Volumsänderung führten. Die daraus entstanden Klüfte machten den Untergrund derart brüchig, das der Bergsturz ausgelöst wurde. Obwohl nicht direkt von den Gesteinmassen betroffen, veränderte sich auch der höher gelegene Almboden und 3 Hütten gerieten in Schieflage, wobei eine komplett zerstört wurde.
Heute stehen hier jedoch viele schöne und neue Hütte, die einen guten Vordergrund für ein patentiertes Sandlingfoto liefern. Der Anstieg über die Westseite ist noch schön schattig, aber trocken. Trotzdem ist er genau so rutschig wie ich diesen in Erinnerung habe, obwohl die letzte Sandlingtour schon wieder 9 Jahre her ist. Erst im Anstieg treffe ich auf die ersten Wanderer. Auch als ich kurz vor 1200 den Gipfel erreiche, begegne ich kaum 10 Bergfexen. Vermutlich ist heute eher Badewetter als Bergwetter. Aufgrund der hohen Temperaturen ist es etwas diesig, was aber egal ist, denn Loser, Trisselwand, Sarstein und König Dachstein sind direkt vor meiner Nase. Und so schlecht ist die Fernsicht gar nicht. Schafberg & Wolfgangsee erspähe ich und sogar ein Stückchen des Attersees ist noch auszumachen. Zwischen blühendem Gipskraut (Gypsophila repens) legen ich eine 15minütige Pause ein, flitze runter zur Alm und hinüber zur Lambacher Hütte, wo ich um 1300 mein wohlverdientes, eiskaltes Zipfer in Händen halte. Ahh, das zischt vielleicht! Bei meine Besuch vor 9 Jahren stand die Hütte noch im Wald. Seit Kyrill ist die Aussicht von der Terrasse deutlich besser . Der Retourweg im kühlen Wald ist angenehm und ich kehre schließlich um 1500 wieder ins Hotel Wasnerin zurück, wo Sarah das umfangreiche Wellnessangebot genutzt hat. Tja, das Ausseerland ist wirklich wunderschön. Oder wie ein Bekannter von mir immer sagt: "Do is sogar schee, wenns schiach is!"
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