| Der Kugelzipf NW-Grat ist nicht nur die kürzeste Verbindung zwischen Adlerspitze und Hochleckenhaus, sondern auch landschaftlich sehr schön. Außerdem war ich schon seit 2011 nicht mehr am Kugelzipf und so eine Kraxlerei im Schwierigkeitsgrad I-II macht immer Spaß.
Kurz vor 07:00 starte ich beim Gasthaus Kienklause. Es ist sonnig, aber sehr windig. Von den prognostizierten 50 km/h Böen merke ich noch nichts, aber im Wald rauscht es schon ganz ordentlich. Auch die Bächen rauschen heute. Der Zwieselbach führt viel Wasser und der Wanderweg zwischen den Forststraßen ist etwas überflutet. Schaut sehr idyllisch aus. Rasch erreiche ich die Abzweigung zur Adlerspitze. Jenseits des Absperrbands befindet sich das grünen TVN Schild "Adlerspitze". Der Weg ist gut ausgetreten und führt mich steil bergan in die Scharte zwischen Adlerspitze und Kugelzipf-Grat. Hier lege ich eine erste Jausenpause ein. Ich suche mir ein windgeschütztes Platzerl und erschrecke eine Vogel mit auffälligen, ziegelroten Deckfedern. Dies ist meine erste Sichtung eines Mauerläufer (Tichodroma muraria) überhaupt. Die steilen Felswände sind ja sein bevorzugter Lebensraum. Vergebens warte ich 15 Minuten, ob der Vogel wieder zurückkommt.
Ich ziehe meine Regenjacke an, denn der Wind ist hier oben bereits unangenehm. Die Kraxlerei am Grat ist wunderschön. Im Tal schimmert der Attersee umrahmt vom frischen Grün der jungen Buchenblätter. Ich mag den Frühling in den heimischen Bergen besonders. Kurz vor dem Ausstieg kann man zwischen einer steilen Platte (II) rechterhand oder dem Felsdurchschlupf links wählen. Wie immer krieche ich durch das Felsentor. Etwas oberhalb entdecke ich ein frisch abgerissenes Stück Rasen, das den darunterliegenden Boden entblößt. Diese tiefschwarze, im feuchten Zustand schmierige, Pechrendzina ist eine ganz typische Bodenbildung auf Kalkgestein in niederschlagsreichen, schattseitigen Hochlagen um 1400 Meter. Das Bild kann ich gut für meinen Wikipedia Artikel zum Höllengebirge brauchen. Den Gipfel mit dem Gipfelbuch erreiche ich dann in wenigen Minuten. Ich trage mich ins Buch ein und wandere sofort zum Hochleckenhaus hinüber.
Obwohl es sehr windig ist, bleibe ich im Gastgarten an der Hüttenwand sitzen. Die Hüttencrew ist gut eingespielt, drawig und lustig. "Geh bitte moch die Tia zua, sonst wachelts ma die letzn Hoar a nu owa!", tönt es aus der Küche. Bei der Schank hole ich mir ein kaltes Zipfer. Beim Heraustragen erfasst mich ein Windbö und bläst tatsächlich den ganzen Schaum vom Bier. Das ist mir auch noch nie passiert.
Bevor ich über den Normalweg absteige, besuche ich noch den Gedenkstein auf der Griesalm. Obwohl ich seit über 30 Jahren regelmäßig das Hochleckenhaus besuche, war ich noch nie dort. Zum Abschluss genehmige ich mir noch ein köstliches Pils von der Steinbacher Bierschmiede beim Gasthaus Kienklause.
Fazit: Warum ich diese Tour über 10 Jahre nicht gegangen bin, kann ich mir jetzt nicht erklären. Es gibt immer wieder was Neues zu entdecken.
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