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4. November 2010

Traunstein SW-Grat (III+)

(gepostet im Bereich Berg)

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Schon wieder überfällt mich der große Kraxelhunger. Nach ausgiebigem Topostudium, komme ich zu dem Schluss, dass der Traunstein SW-​Grat eigentlich gut schaffbar ist, obwohl ich heute allein unterwegs bin. Der Plan lautet, zuerst den Gmunderweg zu inspizieren um mein Können anfangs an der III+ Stelle zu testen, bevor ich weiter zum Südwestgrat klettere. Notfalls kann ich hier ja über das Schotterfeld "Stubbüchse" wieder absteigen.

Um 0900 stehe ich am Einstieg des Naturfreundesteigs. Mit 15° C ist es heute fast schon frühlingshaft warm. Vom angekündigten lebhaften Wind spüre ich noch nichts. Nachdem die ersten Sicherungen enden, zweigt im Birkenwäldchen links ein deutlicher Pfad ab, auf dem man gut die Stubbüchse queren kann. Flott entdecke ich den markierten Gmundnerweg und begebe mich gleich in IIIer Terrain. Der Aufstieg gestaltet sich eigentlich unschwierig und notfalls kann man hier flott in leichteres Gebiet ausweichen. Interessant finde ich etliche Sicherungen mit Sanduhren. Das Klettern hier macht Spaß, auch wenn viele erdige Stellen dabei sind. Der erste Abschnitt ist in der Topo mit 4 Seillängen angeben. Dank "free solo" dauert dieser Abschnitt kaum 15 Minuten. Am Anfang des Gehgeländes befindet sich an einem Baum noch das Wandbuch. Offensichtlich sind hier eh einige Klettermaxen allein unterwegs. Der nächste Steilaufschwung gefällt mir recht gut. Schöner kompakter Fels entlockt mir so manchen Grinser. Doch die Gaudi dauert leider viel zu kurz. Am Grassattel angekommen, bestaune ich den schmalen und ausgesetzten SW-​Grat. "Unpackbar!", denke ich mir aus der Ferne. Aber es ist so wie immer. Kaum steht man direkt vor dem Einstieg, schaut die Angelegenheit schon anders aus. Der Fels und die Griffe sind gut, der Verlauf logisch. Auch Arme und Hände wollen wieder mitmachen. Beim überdimensionalen Gedächtnishaken starte ich die eigentliche Gratkletterei. Die Erinnerung an den verunglückten Kletterer stimmt schon etwas nachdenklich, aber ich kenne dieses Bild ja von Assi's Touren.

Die ersten Höhenmeter sind geschafft und… "Jawoi, des baucht a!". Die Gratkletterei hier ist herrlich. Links und rechts "pfeifts ordentlich eini". Über mir der weitere Grat und unter mir glitzert wunderschön der Traunsee. Eine leichte Brise kühlt die warmen Muskeln. Kein Vergleich zur Kletterei in der Halle! Aber es gilt dem Enthusiasmus Einhalt zu gebieten. Griffe und Tritte müssen gut überlegt und gekonnt genutzt werden. Leichtsinn und mangelnder Respekt sind hier fehl am Platz. Doch gerader diese Herausforderung macht diese Kraxlerei auch so interessant. So bekommt der Hariverstand wieder ordentlich Nahrung, wenn es schon keine Pflanzen zu bestimmen gibt ;) Ab der 2. Seillänge bin ich schon im Flow. Kraft und Technik stimmen. Die Zeit spielt keine Rolle und wenig angestrengt erreiche ich das Wandbuch. Laut Topo sollte vorher noch ein kleiner Überhang sein. Von dem habe ich irgendwie nichts mitbekommen. Nach dem Eintrag ins Buch, wechsle ich auf die linke Gratseite und überlege erstmals wo den hier überhaupt die Griffe sind. Seltsam. Kurze Inspektion der rechten Seite. Auch nichts. Also schaue ich mir erneut die linke Seite an und werde fündig. Wie konnte ich diesen guten Tritt übersehen? Nun klappt der Aufstieg rasch und erreiche den bekannten Fototurm, der links umgangen wird. Auf vielen SW-​Grat Fotos sind hier die Kletterer abgebildet (wobei der untere Teil gerne unterschlagen wird, damit ein bisschen fetziger aussieht). Nach dem Turm führt von rechts das Sanduhrenparadies (V) herauf. Laut Topo soll ich mich hier leicht rechts vom Grat halten. Hmm. Ich seh nur die Sicherungen vom Sanduhrenparadies. Doch linkerhand zieht eine Verschneidung (ich hoffe der Begriff stimmt) hinauf. Mit Spreitztechnik stellen auch die letzten Höhenmeter kein Problem dar. Nach insgesamt 2h15min ab Forststraße erreiche ich dann den Ausstieg und leichtes 1-​ Gehgelände, wo mich noch blühender Almrausch (Rhododendron hirsutum) empfängt. Kein Wunder. Mir taugt dieser sonnige, trockene Südwestgrat ja auch

Die Rast fällt dann nur kurz aus. Die Sonne und der Wind vermögen kaum die hochliegenden Wolken aufzulösen. Diffuser Sonnenschein sorgt aber für ein metallisches Glänzen des Traunsees. Eine ganz spezielle Stimmung. Der Abstieg erfolgt dann unschwer am markierten Weg. Am Traunseeufer angekommen, lässt sich die Sonne schon öfters blicken und angenehme 20° C verleiten mich dann noch zu einem kurzen Abstecher zum Gasthof Steinmaurer.

Fazit: Geniale Kraxlerei. Brauche mehr IIIer! Aber eins ist mir heute klar geworden. Mit diesem Schwierigkeitsgrad erreiche ich die Grenze meiner Solo-​Klettertechnik. Das Risiko im IVer ist dann schon zu hoch. Außerdem macht's in einer Seilschaft mehr Spaß und lässigere Fotos gibt es dann auch

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