| Da hat mir Hannes bei unserem letzten Treffen einen ganz schönen Floh ins Ohr gesetzt. Von der Frauenscharte soll ein unmarkierter und teilweise versicherter Steig, der so genannte Schilehrerweg zum Warscheneck führen. Den muss ich mir unbedingt suchen! Zuerst war mit Internetrechere wenig zu finden. Aber ein einziges Winterbild mit Aufstiegsspur... und die Route war klar. Mit Bildern aus meinem eigenen Archiv konnte ich die Planung abrunden. Um die Wegsucherei zu einer schönen Wanderung auszudehnen, kombinieren Paps und ich heute Ramesch und Warscheneck. Da wir vom Ramesch-Westgrat direkt in die Frauenscharte gelangen, haben wir auch nicht mehr weit zum Schilehrerweg. Retour geht's dann über den Südostgrat. Eine recht nette Runde also.
Wir starten an einem strahlenden Spätsommertag, an dem Temperaturen bis 32°C aber auch Böen bis 100 km/h prognostiziert werden, mit der ersten Fahrt hinauf zum Frauenkar. Der Preis von 18 Euro ist schon mal recht happig, da ich aber die Zeit für die Wegsuche nicht kalkulieren kann, starten wir bereits auf 1800 Meter. Eigentlich will ich das Gebiet seit dem fragwürdigen Bau des Speichersees nicht mehr oft besuchen. Aber zu verlockend ist die Suche nach dem neuen Weg. Trotzdem passt es irgendwie nicht zusammen, wenn sich die Landesregierung mit einem neuen und 2.697 ha großen Naturschutzgebiet Warscheneck-Nord rühmt und anderseits den Bau eines riesigen Speichersees direkt am Rand des Unteren Filzmooses (Höchstgelegene Hochmoorflächen in Österreich) genehmigt. Vermutlich ist es jedoch sehr schwer Tourismus, Private Besitzverhältnisse und viele andere Faktoren in Einklang zu bringen.
Um 0915 starten wir bei der Bergstation Frauenkar. Ich befrage noch kurz den Liftwart, aber der kennt diesen Weg überhaupt nicht. Macht nix, der Bursche wird sich trotzdem nicht vor mir verstecken können. Etwas mühsam traversieren wir die Südflanke des Ramesch. Hohes Gras und schottriger Untergrund sind nicht besonders optimal für einen sicheren Tritt, wir erreichen aber flott die markanten Felsbänder, wo wir dann gut hinauf zum Ostgrat steigen können. Man visiert hierzu am Besten die zwei Bäume, eine junge und eine abgestorbene Fichte, am Ostgrat oberhalb eines markant dickeren Felsbandes an. Unterwegs stoßen wir auf zehn Gämsen die ebenfalls die gleiche Aufstiegsroute wählen. Beim Felsband angekommen ist erstmals Kraxlerei (II) gefragt. Vor 2 Jahren habe ich diese Stelle noch etwas mehr westlich umgangen. Heute, mit mehr technischem Können ausgestattet, wird die Passage mit etwas Muskeleinsatz prompt gemeistert. Ab hier ist nun Gehgelände angesagt. Aussichtsreich führt der Weg über Polsterseggenrasen hinauf zum Gipfel. Ich mag diesen Wegverlauf besonders. Beeindruckend sind die Blicke hinüber zum Warscheneck. Auch ein großer Klemmblock der über den Nordabstürtzen thront muss gleich genkippst werden. Nach 1h Aufstieg erreichen wir auch schon den Gipfel. Während des Gipfelfotos legt Paps auch noch einen kindischen Motorrad-BrummBrumm hin, wobei ich mir vor Lachen fast in die Hose mache . Ich versuche schon einmal den Verlauf des Schilehrerwegs zu erkunden. Die Sache ist klar. Das steile Schotterfeld hinauf zum kompakten Fels könnte sich als problematisch herausstellen. Falls dies nicht klappt haben wir als Ersatzroute den schrofigen Aufstieg in die Einschartung wo das Glöcklkar heraufzieht und direkt der Normalweg vorbeiführt.
Nachdem wir uns im Gipfelbuch verewigt haben, steigen wir wieder südseitig über die Rasenbänder ab. Ich versuche mich noch an das Rasenband zu erinnern, das bis zu dieser kaminartigen Rinne führt. Doch scheinen wir heute ein Band erwischt zu haben, das direkt über die zwei tiefen Kamine im Südwesten führen, wobei im zweiten Kamin ein cooler Klemmblock steckt, der als natürliche Brücke dient. Nach 30 Minuten stehen wir auch schon in der Frauenscharte. Der Westgrat ist von dieser Seite wirklich unglaublich schmal. Unschwer queren wir das Blockgelände hinüber in den Nordwestteil des Brunnsteinerkars. Direkt an der Felswand ist das Schotterfeld schön kompakt und vom Pflanzenwuchs bereits etwas stabilisiert. Gefühlsmäßig müsste der Weg dann rechts hinauf ziehen. Ich kann jedoch keine Steigspuren oder Sicherungen entdecken. Über schottrige Terrassen wandern wir etwas westlich, nur um zu erkennen, dass der Weg hier unmöglich verlaufen kann. Also kehren wir um und erreichen fast wieder unseren Ausgangspunkt als wir über diesem die Stahlseilsicherung entdecken. Mein hier genommener GPS Wegpunkt stellt sich leider als komplett falsch heraus. Dieser zeigt genau auf die andere Seite des Warschenecks. Vielleicht eine Reflektion des Trägersignals? Ein kompletter GPS Trail wäre sicherlich interessant, leider unterstützt mein altes Gecko 101 noch keinen Download auf den PC. Wie dem auch sei, mit Hilfe der Trittstifte und des Stahlseils kommen wir flott hinauf. Wobei aufgrund der lockeren Stufung der Felsen eh bestes Kraxelgelände (I+?) herrscht. Das Steilseil ist ja für winterliche Verhältnisse montiert und somit für den Sommer wohl etwas zu hoch. Nachdem die Sicherung endet, kann man nach Norden durch eine Rinne zum Normalweg kraxeln oder westwärts hinüber zur ganzjährig mit Schnee gefüllten Doline. Wir entscheiden uns für letztere Variante. Wieder einfaches Kraxelgelände. Am Plateau treffen wir dann auf die ersten Wanderer. Es ist wieder einmal unglaublich viel los heute. Ein Ehepaar erkennt mich noch von der Traunsteintour im September 2007. Für den Aufstieg über den Ramesch inklusive Pausen und Wegsucherei benötigen wir 3h10min. Wetter und Aussicht sind wunderbar. Den Stoderkamm zu überblicken ist immer wieder eine feine Sache. König Dachstein zeigt heute leider unscharfe Konturen. Der Blick in die Hohen Tauern ist ebenfalls von diesiger Luft blockiert.
Nach einer Pause meint ein älterer Wanderer:: "Ihr seit heute wohl die einzigen die nicht über den Südostgrat aufgestiegen sind.". Erst als wir über diesen absteigen kann ich seine Aussage verstehen. Lange Menschenschlangen schlängeln sich am Steig empor. So einen Hochbetrieb habe ich überhaupt noch nie erlebt. Und das um 1230! Teilweise weht ein anständiger Föhnsturm. Der Expeditionshut muss gut befestigt werden, damit er nicht vom Winde verweht wird. Nach 1h gelangen wir wieder zur Bergstation Frauenkar und entscheiden uns für die faule Abstiegsvariante per Sessellift.
Fazit: Interessante Runde, wobei der Schilehrerweg wohl nur in Kombination mit einem westseitigen Abstieg vom Ramesch wirklich empfehlenswert ist. Die Normalwege verlaufen angenehmer und aussichtsreicher. Im Winter schaut es vielleicht anders aus...
|