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29. Juli 2009

Wurzeralm

(gepostet im Bereich Botanik)

WurzeralmSpeichersee.jpgzoomPicture

BlickZumWarscheneck_1.jpgzoomPicture

Grasfrosch.jpgzoomPicture

AlliumSchoenoprasumWurzeralm.jpgzoomPicture

EriophorumAngustifolium.jpgzoomPicture

SenecioSubalpinus.jpgzoomPicture

PhyteumaOrbiculareWurzeralm.jpgzoomPicture

LiliumMartagonWurzeralm_1.jpgzoomPicture

RhododendronHirsutum2009.jpgzoomPicture

GentianaClusii2009.jpgzoomPicture

DroseraRotundifoliaWurzeralm.jpgzoomPicture

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Wenn Ende Juli der Massenbestand an Schnittlauch (Allium schoenoprasum) auf der Wurzeralm in Blüte steht, muss ich natürlich eine kleine Soloexkursion durchführen. Apropos Exkursion. 1832 wurde diese lokale Besonderheit in "Beschreibung einer Excursion auf das Warscheneg bei Spital am Pyhre in Oberösterreich" als "gleich Rosengirlanden eingefaßten Bächlein" beschrieben.

Ultrafaul wähle ich für den Aufstieg die Standseilbahn die für Berg+Tal mit € 13,60 (AV Ermäßigung!) zu Buche schlägt. Trotz traumhaftem Wetter versetzt mir oben der Speichersee, der das Hochmoor ankratzt, sowie die neue Piste vom Frauenkar mal einen ersten Schreck, der die Stimmung ein bisschen trübt. Bei bestem Wanderwetter ist einiges los, doch ich verlasse rasch den Trampelpfad und *schwups* hüpfen auch schon die ersten Grasfrösche (Rana temporaria) über den Weg. Eigentlich wurrlts heute hier so richtig und alle Altersklassen lassen sich blicken. Bei der ersten feuchten Wiese nahe dem Linzer Haus finden sich auch schon Schnittlauch (Allium schoenoprasum), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium) und Berg-​Greiskraut (Senecio subalpinus) in üppigen Beständen. Hier im Schatten, zwischen Lärchen (Larix decidua) und Fichten (Picea abies), gesellt sich auch der auffällige Wald-​Schachtelhalm (Equisetum sylvaticum) hinzu.

Da nun der erste Schub der Warscheneck-​Aspiranten vorbeigezogen ist, bummle ich gemütlich hinüber zum Brunnsteiner See. Unterwegs erläutern gut gemachte Tafeln die Geschichte und Geologie des Gebietes. Nur bei den Artschildern gibt es von meiner Seite einiges zu meckern. Insbesondere die Pflanzenartenschilder scheinen eher wahllos in der Gegend verstreut zu sein. Die Moosarten scheinen ja noch ganz gut platziert zu sein, doch selbst die Baumarten (geschweige den die Flechten) sind komplett fehl am Platze. So protz ein Hinweisschild Zirbe (Pinus cembra) auf einer Fichte. Und die Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum) ist hier auf Kalk total fehl am Platze. Beziehungsweise habe ich diese Flechte hier noch nie gesehen. Die eigentliche Intention ist sicherlich gut gemeint, aber ein bisserl mehr Genauigkeit würde nicht schaden. So verleitet ein falsch angebrachtes Arnika-​Schild (Arnica montana) die Verwechslung mit dem allgegenwärtigen Berg-​Greiskraut (Senecio subalpinus), wie ich den Gesprächen der Wanderer entnehme. Der Brunnsteiner See ist inzwischen gut besucht. Nicht nur von Mensch, sondern auch vom Vieh, wovon die vielen Kuhfladen zeugen. Doch mich treibt es hier wie immer in diesen herrlichen Rostseggenrasen am verfestigten Schutthang. Durch die Gesteinsblöcke ist dieser Bereich glücklicherweise für die meisten Viecher (inkl. Homo sapiens) eher unattraktiv. Dementsprechend herrlich ist die Artenvielfalt. Endlich kann ich hier eine gute Stunde verbringen, alles dokumentieren und feine Fotos knipsen. Wo sich der Lawinenkegel erst kürzlich zurückgezogen hat, blüht noch der Kalk-​Glockenenzian (Gentiana clusii). Runderherum ein atemberaubender Alpengarten mit Alpen-​Lein (Linum alpinum), Bärwurz (Meum athamanticum), Alpen-​Steinquendel (Acinos alpinus) und vielen mehr. Nach fünf Minuten habe ich schon mehr als 20 Arten gezählt und die Liste wird immer länger. Wunderschöne Exemplare von Kugelorchis (Traunsteinera globosa), Türkenbund (Lilium martagon) und Berghähnlein (Anemone narcissiflora) werden gesichtet und auf Chip gebannt. Und massig Ostalpen-​Täschelkraut (Noccaea crantzii) gibt es hier auch! Der weißblühende Kreuzblütler ist in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark endemisch. An weiteren Endemiten entdecke ich Clusius-​Schafgarbe (Achillea clusiana) und Sternhaar-​Felsenblümchen (Draba stellata), die hier nur vereinzelt gedeihen, dafür etwas höher, am Warscheneck SO-​Grat, häufiger sind. Leider ist es wieder einmal viel zu spät und die hoch stehende Sonne sorgt für brutale Kontraste. Im dezenten Abendlicht könnte man hier meisterhafte Fotos knipsen.

Retour, schnappe ich wieder meinen Rucksack und erkunde die Umgebung um das Hochmoor. Auf ganz feuchten Stellen blüht gerade die Schnabel-​Segge (Carex rostrata) und weist somit den Weg auf trockenere Stellen. Im Randbereich zwischen ganz nass und etwas trockener gedeihen auch die einheimischen fleischfressenden Pflanzen. Das Gewöhnliche Fettkraut (Pinguicula vulgaris) ist bereits am fruchten, der Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia) blüht wohl in ein paar Tagen. Toll ist es hier *sabber* Dieses Mosaik aus verschiedenen Standorten sucht schon seines Gleichen. Immer wieder krame ich die Digicam hervor, um noch ein noch besseres Bild zu machen. Leider ist die Absperrung für das Weidevieh etwas desolat und liegt am Boden. Kuhtritt und Kuhfladen sind für ein nährstoffarmes Hochmoor wirklich nicht optimal. Warum dieses einzigartige Gebiet nicht strenger (oder gründlicher) geschützt wird, ist mir schleierhaft. Auf meinem Weg entlang der Teichl stelle ich noch einige umgefallen Absperrungen auf, wobei diese wohl auch absichtlich hier so liegen. Kurz wage ich einen Abstecher ins zentrale Hochmoor, wo keine Fichten mehr wachsen und nur mehr die Latsche (Pinus mugo) vor der Konkurrenz flüchtet. Viele Arten an Torfmoosen (Sphagnum sp.) finden sich hier. Diese Pflanzen, die nicht nur unglaubliche Mengen an Wasser speichern sondern auch aktiv Protonen ins Milieu abgeben und so für eine Versauerung des Bodens sorgen, sind schon eine Kategorie für sich. Schließlich umrunde ich das Moor und gelange zur Pumpstation mit Speichersee, wo der menschliche Einfluss seinen Beitrag zeigt. Aber: Der See wird von den Touristen gerne angenommen. Tja, mit gutem Marketing lässt sich einfach alles verkaufen. Beim Linzer Haus gönne ich mir noch ein gut gezapftes Bier bevor ich wieder nach Wels heimkehre.

Fazit: Gerade Ende Juli zeigt sich dieses Gebiet, mit seinen vielen und gut strukturierten Biotopen, von einer wunderschönen Seite. Eine feine Exkursion für Bergfexing Harry! Ich könnte wahrlich Stunden in dieser herrlichen Natur verbringen. Stellt sich nur die Frage wie lange sich diese in einem entsprechenden Zustand befinden wird. Das Schigebiet ist ja in Expansion begriffen. Und die Beweidung macht's auch nicht besser.

Kommentare

der Genetiker schrieb am 31.07.2009 um 00:55

Kompliment für die Makrofotos - super schön - super Blende - super schöner Hintergrund!

sabina schrieb am 03.08.2009 um 11:10

schöner Bericht und spitzen Fotos!!!
bei meinem Hochgebirgsökologie-Kurs Mitte Juli bin ich von Botanikern auch "auf den Boden geholt worden"... und ich muss schon sagen... faszinierend... da verstehe ich deine Begeisterung für solche Exkursionen noch viel besser!

Jope schrieb am 04.08.2009 um 12:54

super bericht - eine kleine anregung - es wäre eine große unterstützung,wenn die botanischen bilder beschriftet wären.

Harry schrieb am 04.08.2009 um 13:42

Servus,
Danke für die netten Rückmeldungen. Zwecks Beschriftung: Die Bilder sind mit wissenschaftlichem Namen benannt, wenn du mit dem Cursor drüber fährst, erscheint der Name in der Statuszeile des Browsers.
Gruß
Harry

elli und hans schrieb am 19.08.2009 um 17:10

Supper, Dein Bericht. Wir beide waren am 1. August auf der Wurzeralm, und können dir betreffend der Frauenkarabfahrt nur zustimmen. Wir fanden aber die Hössalpinrunde interessanter.Supper deine Fotos. Wirbestaunen diese sehr gerne.
Herzliche Grüsse auch Ma und Tad

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