| Das Goldbachl-Tal, eingebettet im Hochmölbingkamm, ist nicht nur landschaftlich wunderschön. Als zusätzliche Attraktion findet sich von Anfang bis Mitte Juli auf den uralten Almen und Urwiesen eine phänomenale Blütenpracht. Außerdem habe ich das Tal seit 2008 nicht mehr besucht. Den Hochmölbing zuletzt 2005 bzw. den Hochtausing 2002. Es gibt also mehrere gute Gründe für diese Tour.
Um 0730 starte ich am Parkplatz Schönmoos oberhalb von Wörschach. Es ist sonnig und die Luft ist noch kühl. Nur harmlose Schönwetterwolken zieren den Himmel. Der Wetterbericht meldet 0% Gewitterwahrscheinlichkeit. Optimale Bedingungen für eine sehr lange Tour heute. Schon ab dem Parkplatz blühen links und rechts der Forststraße Massen an Fuchs Fingerknabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). Es ist also alles wie vor 14 Jahren. Nur die Bäume sind größer geworden :) Bei der Langpoltenalm nehme ich die Abzweigung zum Hochtausing Ostgrat, wo ein schöner Hochstaudenflur gedeiht. Die Knospen des Türkenbunds (Lilium martagon) sind kurz vor dem Aufplatzen.
Der Steig ist heute trocken und sehr gut zu begehen. Schöne Tief- und Fernblicke machen den Anstieg zum Genuss. Die Sicherungen sind gut gewartet und verlässlich. Wie immer gibt es viel zu entdecken. Die Blütezeit der Bewimperten Alpenrose (Rhododendron hirsutum) beginnt gerade und einige Veilchen-Scheckenfalter (Euphydryas cynthia) betreiben /hilltopping. Der Hochtausing besteht aus Kalken der Oberalm-Formation umrahmt sind. So kann man während des Aufstiegs immer wieder die typischen Schichten aus Hornstein entdecken. Am einsamen Gipfel genieße ich die Ruhe und die herrliche Aussicht. Grimming und Dachstein sind heute ausgezeichnet zu sehen. Die Pause fällt kurz aus, denn ich habe noch einen sehr weiten Weg vor mir. Für den Abstieg wähle ich den Toni-Steig über den Westgrat. Eine Hinweistafel, teilt mir mit, dass der Steig nicht mehr durchgehend versichert ist. Gesperrt ist er aber auch nicht, also schaue ich mir die Sache mal näher an. Es ist wichtig immer Grat und eher nordseitig zu bleiben. Die gut erkennbare Latschegasse nach Süden würde in den unmarkierten Südflankensteig münden, der für den Abstieg ungeeignet ist. Ich komme gut voran, doch bei der ersten, ganz leicht überhängenden Leiter, ist Mut gefragt. Unterhalb sind die Griffe im Fels teilweise weiter auseinander und ich muss öfter ins Stahlseil greifen als mir lieb ist. Der Großteil der Sicherungen ist gut, doch einige sind wenig vertrauenserweckend. Der Toni-Steig ist kurz und nach der Querung bin ich auch schon wieder in gemütlichem Gehgelände. 2002 schrieb ich in mein analoges Tourenbuch: "Weg zur Schneehitzalm sehr gatschig". Heute würde ich sagen "extrem gatschig". Der Wanderweg ist von den Rindern etwa wadltief zerfurcht. Also muss ich in den Wald ausweichen. Bei der schön gelegenen Schneehitzalm fülle ich meine Wasserreserven auf.
Kurz überlege ich noch den Bärenfeuchtenmölbing zu besteigen, beschließe aber dann doch zur Gnanitzalm abzusteigen um später durch die Grimmingschlucht zu wandern. Vom Parkplatz am Langpoltner Klamml führt ein uralter, kaum sichtbarer Almweg ins Tal. Ab dem Wassertrog ist die Verlauf logisch und einige Steinmänner helfen bei der Wegfindung. Es finden sich auch noch alte Steinschlichtungen, die auf einen breiten Almweg hindeuten. Nachdem ich einen hässlichen Kahlschlag gequert habe, gelange ich zur Forststraße, die mich entlang des Stubenbachs zur Gnanitz führt. Die 4 Kilometer extra nehme ich gerne in Kauf, denn bei Margret in der Johnsleitner-Hütte, gibt es kaltes Gösser und ein ausgezeichnetes Steirerkasbrot (=Steirermenü Nr. 1). Die Wanderung zur Alm ist sehr kurzweilig, da viele Schmetterlinge zum Fotografieren herumflattern. Besonders auf den Kuhfladen tummeln sich unzählige Bläulinge. Bei der Hütte trudle ich um 1315 ein. Im Schatten des Sonnenschirms ist es sehr gemütlich und die Pause entfällt deutlich länger als geplant. Hier lerne ich Peter Jeutter, vom Verein für Höhlenkunde in Obersteier (VHO) , kennen. Ich erfahre Interessantes über die Höhlen der Umgebung und erhalte ein paar Tips für den nächsten Familienausflug auf die Tauplitzalm. Eine neue Publikation zum Thema "Das Weißenbach-Höhlenprojekt mit kulturhistorischen Betrachtungen" gibt es auch. Das Buch werde ich mir selbstverständlich besorgen.
Um 1430 schaffe ich es dann doch endlich aufzubrechen. Nun beginnt die gemütlichste Etappe des Tages. Durch die Grimmingschlucht zu den Grimmingböden sind bei 5 Kilometer kaum 400 Höhenmeter zu überwinden. Die Schluchstrecke ist wild und urig. Wieder treffe ich keine andere Menschen. Forstraßen existieren hier ja nicht. Wären da nicht der markierte Weg bzw. die sehr große Jagdhütte des Baron von Baumbach (Videoüberwacht! Zutritt verboten!), könnte man fast glauben, sich in einer kanadischen Wildnis zu befinden. Das Grimmingtal weitet sich bald und der Weg führt entlang der Schotterbänke des Flusses. Ich suche mir ein gemütliches Platzerl und halte meine Füße ins kalte, klare Wasser. Es ist wirklich ausgesprochen schön hier. Wer hier nicht seinen inneren Frieden findet, der findet ihn nirgends. Die Urwiesen sind mit blühenden Hahnenfuß übersät. Die kleinen Buckel in der Wiese sind trockener und hier blühen die Alpen-Nelken (Dianthus alpinus). Kleine lila Inseln in einem gelben Blütenmeer. Wunderschön.
Der kurze Anstieg zur Sumperalm ist dann noch einmal sehr anstrengend und die bereits absolvierten Kilometer haben meine Beine müde gemacht. Bei den vielen kleinen Verschnaufpausen blicke ich immer wieder auf die vom Wald umrahmten Grimmingböden. Zur Lärchenverfärbung muss hier ein außergewöhnliches Farbenspiel zu bestaunen sein. Die Sumperalm erreiche ich dann um 1740. Ich bin erstaunt, dass es hier am Sattel so viel Wasser gibt. Das wird wohl mit dem Auftreten der nordalpinen Raibler Schichten zu tun haben, die gute Wasserstauer sind. Die Sumperalm wird bereits 1382 als "der Sumper" erwähnt, aber vermutlich ist sie wohl schon seit der Schwaigenzeit des 13. Jahrhunderts bewirtschaftet. Die Lage ist optimal: Weite Weiden, eine Lacke für das Vieh und eine Quelle. Der Abstieg zur Niederhüttenalm ist dann ein Spaziergang durch alpine Blütenpracht. Alpen-Wundklee (Anthyllis vulneraria) und Herzblättrige Kugelblume (Globularia cordifolia) blühen in Massen. Dazwischen sehr viele Orchideen, wie Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) und Widders Köhlröschen (Gymnadenia widderi).
Um 1800 komme ich bei der Hochmölbinghütte an und ich kann endlich die Bergschuhe ausziehen. Die Steirerkasnocken & das Gösser schmecken ausgezeichnet. Am Sonntag Abend ist nun wenig los und Sonja und Armin haben auch mal Zeit für ein Quatscherl. Weil das Wetter so traumhaft ist, beschließe ich um 2030 noch den Raidling zu besteigen, wo ich den Sonneruntergang bewundere. Bettruhe ist dann um 2200, denn morgen wird es wieder eine sehr lange Tour.
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